1.
Zwei Wochen – im Flug vorbei. Dazwischen immer wieder der Gedanke: Tagebuch schreiben. Und dennoch fehlten Zeit und Kraft, die Wichtigkeit lag anderswo. Nicht alles aus dieser Zeit lässt sich noch dokumentieren, das eine oder andere ist im Gedächtnis und soll hier seinen Platz bekommen. Letzte Woche auch kein Dichterbrief und nicht einmal ein weekly. Meine diesbezüglichen Pläne habe ich revidiert, um mich nicht zu überfordern oder mir die Nächte mit Schreiben um die Ohren zu schlagen. Der aufkeimende Frühling spült gerade die Erschöpfung nach dem Winter aus – das will berücksichtigt werden. Und da war dann noch der Wunsch meiner Frau, ihre neue Website zu gestalten; ihr Unternehmen ist heuer zehn Jahre alt geworden. Der Relaunch war dringend notwendig und hat viel mehr Zeit verschlungen, als ich dafür geplant hatte. Ach ja – und die Steuererklärung war ja auch noch fällig. So betrachtet also ein Wunder, dass so manch Alltägliches dann den Kürzeren zog.
2.
Neben dem gerade beschriebenen Besonderen und dem dringend Alltäglichen, also meinem Broterwerb in der Begleitung von jungen Menschen und pädagogischen Fachkräften, gab es den einen oder anderen Abend mit meinem Sohn und mit meiner Frau. Da standen Fußball und Filme sowie Kabarett am Programm – nichts Ungewohntes, aber dennoch neu. Österreichs Fußballnationalteam vergeigte den Aufstieg in die Gruppe A der Nations League, das, was man sah, war schwer zu verdauen. Und es gab die eine oder andere Analyse dieser Niederlage durch die rosa Brille, was noch ärgerlicher war. Und dann grätschte auch noch der eine oder andere inkompetente Funktionär des Österreichischen Fußballbundes in die Diskussion hinein und gab dem professionellsten Teamchef aller Zeit entbehrliche Ratschläge. Man spürt allerdings auch bei ihm den aufkeimenden Druck, der ihm zunehmend die Lust verdirbt und ihn offen macht für Begehrlichkeiten aus Deutschland. Aber so kann es eh nicht weitergehen.
Ein Highlight war der Filmabend mit meinem Sohn, an dem ich ihm einen meiner Lieblingsfilme zeigte, nämlich „Thunderheart“ (dt. Titel Halbblut) aus 1992 mit Val Kilmer, Sam Shepard sowie Graham Green und anderen indigenen Darstellern. Der Streifen nimmt Bezug auf die Aktivitäten des FBI in den Reservaten, mit denen die regierungstreuen und die fundamentalen Indigenen gegeneinander aufgebracht wurden. Dadurch geschahen zahlreiche Morde, die die Fundamentalisten ausrotten sollten. Der Begriff ist in diesem Fall für mich positiv besetzt, weil sich diese Gruppe für den Erhalt bzw. das Wiedererlangen der ursprünglichen Lebensweise einsetzte. Andererseits zeigt der Film auch die Tristesse, die in den Container-Dörfern der Entwurzelten herrschte und wahrschenlich noch herrscht: Fernsehen und Alkohol statt Ritualen und Büffeljagd. Es ist zum Heulen.
3.
Abends las ich dann immer mal ein paar Seiten im Buch „Er ist wieder da“ über die „Wiederkunft“ von Adolf Hitler ins Deutschland der Gegenwart. Von der Verfilmung habe ich gesprochen, auch von den Unterschieden zwischen Buch und Film. Der Text liest sich manchmal sehr zäh, vor allem klingt er überraschend authentisch und erinnert in der Wortwahl und Formulierung an die Monologe von Uwe Ochsenknecht in „Schtonk“. Ich kämpfe mich also weiter durch das Werk, weil ich meine, es gelesen haben zu müssen. Zeitgleich gibt es ja noch Alternativen, die mich in andere Welten führen. Denn die im vorhin genannten ist mir nicht nur zu realistisch sondern auch zu dystopisch.
4.
Durch Zufall kam ich an ein Buch namens „Der Quanten Code“, das so manches, einst Geglaubtes und sogar zur Lebensgrundlage Gewordenes wieder aufleben ließ und das im krassen Gegensatz zur kürzlich gewonnenen Weltsicht einer Philosophie des Absurden steht. Der Autor und Arzt Lothar Hollerbach verbindet darin Quantenphysik und christlichen Glauben, vor allem die in den Evangelien dargestellten Ereignisse im Leben von Jesus. Das ist durchaus faszinierend und erinnert mich an Vieles, was ich früher in meiner Zeit als Religionspädagoge und später als Energetiker für möglich, ja für wahr gehalten habe. Auch dieser Zufall hat mich aus meinen gewohnten Bahnen geworfen, die mit dazu geführt haben, dass ich meine Tagebucheinträge ausgesetzt habe. Hollerbach hat kurz nach diesem Buch noch ein weiteres veröffentlicht, dass sich mit dem Tod beschäftigt. Der Grund dafür liegt in den tragischen Vorkommnissen, durch die er zwei seiner vier Töchter bei einem Autounfall in Südafrika und kurze Zeit später seine zweite Frau wegen ihrer Krebserkrankung verlor. Ich wurde durch diese beiden Bücher, deren zweites ich immer noch lese, an zwei Filme von Wim Wenders erinnert. „Der Himmel über Berlin“ und „In weiter Ferne, so nah“ standen daher als Abendprogramm in diesen Tagen fest. Auch sie faszinierend, auch sie realer als ich es mir vorgestellt habe. Dadurch bewegt, bin ich an einer weiteren Abzweigung meines Lebensweges angelangt. Glauben oder Zweifeln … womit fühle ich mich wohler? Weil letzten Endes nutzen mir alle Gedanken nichts, wenn es mit dem Verstand unlösbares zu lösen gilt. Erlösung …
5.
Wie schön, dass sich der Frühling Nach und nach Bahn bricht – und mit ihm die Hoffnung. Und auch Ostern ist bald. Vielleicht stellt sich dann ja endlich wieder Zuversicht ein.